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Der folgende Bericht erschien in Heft 4/2001 des Bambus-Journals der Europäischen Bambusgesellschaft und soll als Einstieg in die Jubaeaenseite dienen.

 

Jubaea chilensis – die chilenische Honigpalme

 

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In mehr oder minder regelmäßigen Abständen stellen wir im Bambus-Journal Pflanzen vor, die gut zum Bambus passen. Ob sich eine Pflanze als größeres BildBegleitpflanze für Phyllostachys, Fargesia und Co. eignet, hängt nicht zuletzt von der Stilrichtung ab , die man für die Gartengestaltung mit Bambus bevorzugt. So wird der Bambus z.B. in asiatisch geprägten Gärten / Gartenteilen durch eine ausgewählte Begleitflora und bestimmte Accessoires ergänzt, die in vielen Mitgliedergärten anzutreffen sind. In jüngster Zeit konnte ich bei meinen Gartenreportagen aber auch Tendenzen feststellen, mit Bambus im mediterranen oder tropischen Gartenstil zu experimentieren. Beiden Stilen gemein ist der Versuch, Palmen in die Gestaltung einzubinden, sei es im Kübel, sei es ausgepflanzt. Am bekanntesten dürften dabei die – insgesamt durchaus erfolgversprechenden - Experimente mit der chinesischen Hanfpalme (Trachycarpus fortunei) sein. Auch für andere Fächerpalmen gibt es erste Erfahrungen: Trachycarpus wagnerianus, Tr. takil, Sabal minor und Rhapidophyllum hystrix sind vereinzelt anzutreffen, mit unterschiedlichen Ergebnissen.

Viel seltener hingegen sieht man Fiederpalmen ausgepflanzt, die sicherlich als Inbegriff beider Stile anzusehen sind. Dies hat aus meiner Sicht einen einfachen Grund: die Auswahl ist äußerst begrenzt, besonders, wenn man nicht die Möglichkeit (oder Lust) hat, schwere Kübel an geschützte Überwinterungsorte zu schleppen. So sind m. W. alle Auspflanzversuche mit der beliebten Phoenix canariensis in Deutschland gescheitert und die Erfahrungen mit den Arten von Butia sind ebenfalls nicht uneingeschränkt erfolgversprechend. Deshalb fiel in jüngster Zeit der Blick vieler Palmenfreunde nördlich der Alpen wieder auf eine Art, die zwar schon lange bekannt, aber fast vergessen war: Jubaea chilensis ( oder auch spectabilis ).

 
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Wissenswertes über Jubaea chilensis

größeres BildGattung:    Die Gattung Jubaea (Mol.) Baill. mit nur einer Art ist nach König Juba II. von Mauretanien benannt, der um die Zeitenwende lebte.

Herkunft:   Zentralchile (zwischen dem 31. und  35. Grad südlicher Breite), dort aber durch übermäßiges Abholzen vom Aussterben bedroht und deshalb auf einige abgelegene Stellen in den Mittelgebirgen begrenzt.

Höhe:   Bis zu 21m.

Stamm:   Jubaea hat den dicksten Stamm aller Palmen ( bis zu 1,8m im Durchmesser ), der grau und glatt ist.

Blätter:   Fiederförmig, rau, lederartige Oberfläche, reduplizierte Blattfiedern (nach unten gerichtet), bis 5m lang.

Früchte:   Rund, 4cm im Durchmesser, gelb.

Samen:   2,5cm Umfang, hart und fest, mit essbarem Fleisch, ähnlich dem der Kokosnuss, die deshalb „coquitos“ genannt werden.

Verbreitung:   Vereinzelt als Zierpflanze auf allen Kontinenten; in Europa stehen schöne Exemplare in Norditalien, der Südschweiz, Südfrankreich und sogar in der Bretagne und in Cornwall.

 

Hinweise zur Kultur in Deutschland

Für viele Palmenfreunde ist Jubaea eine der schönsten Fiederpalmen, übereinstimmend wird sie aber als die winterhärteste angesehen, die in den wintermildesten Gebieten Deutschlands (Weinbauklima, Kölner Bucht.....)  einen Auspflanzversuch lohnt. Ob die in verschiedenen Katalogen für ausgewachsene Exemplare angegebenen –15°C allerdings realistisch sind, muss sich erst noch erweisen – mit solchen Angaben haben ja auch wir Bambussammler manch leidvolle Erfahrung machen müssen.. Regionale (z. B. Regenintensität) und kleinklimatische Faktoren spielen auch bei der Chilenischen Honigpalme eine bedeutende Rolle. Deshalb können die folgenden Angaben zur Kultivierung dieser schönen Rarität auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben; sie basieren auf meinen 5jährigen Auspflanzerfahrungen in Köln und einigen Vergleichswerten weiterer Jubaeaenfreunde.

 

größeres BildStandort:    Vollsonnig, möglichst windgeschützt; die Dicke des Stammes einplanen!

Boden:   Humoses, gut drainiertes Substrat; leicht erhöht, um zu viel (Stau-) Nässe zu vermeiden.

Auspflanzung:   Frühjahr (Ende März / April) an den endgültigen Standort (Umpflanzaktionen vermeiden!); einige Palmenfreunde empfehlen neuerdings, die Palmen samt (perforiertem) Topf einzugraben , um den Umpflanzschock zu verhindern.

Pflege:   Insgesamt gering – Gießen, Schnitt vertrockneter Blätter und vorsichtige Düngung.

Winterschutz:   Von Dezember bis Ende Februar wird der Boden mit einer leichten Mulchschicht (Laub und Tannenzweige) bedeckt und die Pflanze mit einem Regenschutz überdacht; ab –10°C kommen kurzfristig weitere Schutzmaßnahmen hinzu (Luftpolsterfolie, evtl. Heizquelle).

 

Erfahrungen mit Jubaea in Köln

Meine erste Jungpflanze erhielt ich im Frühjahr 1996 aus Italien. Als blinder Anfänger  mit Palmen machte ich alles falsch, was man falsch machen konnte, z. B. fiel der Großteil der Erde von den Wurzeln und ich setzte sie zu tief. Zudem musste sie gleich im ersten Jahr – trotz eines leichten Schutzes mit Luftpolsterfolie – im Ausnahmewinter 96/97 Frost größeres Bild von –18°C und 16 Eistage überstehen. Zwar verlor sie alle Blätter, trieb aber im Sommer zu meiner großen Überraschung wieder aus. Allerdings dauerte es 3 Jahre, bis sie das Vorschädigungsniveau erreichte (mancher Bambus schnitt übrigens nicht besser ab).

Meine zweite Jungpflanze kam im Frühjahr 1998 hinzu und musste erst 3 leichtere Winter überstehen. Im ersten Jahr erzielte sie einen Zuwachs von 1 Blatt, im zweiten von 3 Blättern und im dritten von 5 Blättern – dies überraschte mich positiv. Die Gesamthöhe beträgt nunmehr 170 - 180cm.

Alle draußen gekeimten Sämlinge müssen Regen und Frost ungeschützt – bis auf eine 2 - 5cm hohe natürliche Mulchschicht aus Bambusblättern – überstehen; bisher keine Verluste!

 

Vorsichtiges Zwischenfazit

Auch wenn meine Erfahrungen mit ausgepflanzten Jubaeaen insgesamt überraschend positiv sind und ich von dieser Palme nach wie vor begeistert bin, möchte ich keine leichtfertigen Hoffnungen wecken – Palmen in unserem Klima bleiben aus meiner Sicht Risikopflanzen, doch scheint mir das Risiko bei Jubaea chilensis beherrschbar, zumindest mit etwas Engagement (und auch Glück!). Allerdings dürfte einer weiteren Verbreitung dieser Palme bei uns ein praktischer Grund entgegenstehen: sie ist in Europa sehr selten zu erhalten, besonders größere Exemplare, was natürlich Auswirkungen auf den Preis hat. Ein deutscher Palmenlieferant bietet z. B. eine Honigpalme mit ca. 2m Stamm zu einem Preis von 55.000 DM (!!!!) an – da muss die Begeisterung schon alle Sicherungen durchbrennen lassen..... ! Trotzdem darf man gespannt sein, wie sich das Experiment „Jubaea chilensis“ in mitteleuropäischen (Bambus-) Gärten entwickeln wird.